Kriegseinsätze 1914
Lassen wir Erich erzählen, wie es ihm und seinen Kameraden in den ersten Kriegsmonaten des Jahres 1914 ergangen ist:
Weitere Gefechte:
23.-24.08.1914 Festung Namur
29.08.1914 St. Quentin
Der Wettlauf nach Paris ging weiter. Auf Straßenschildern konnten wir lesen, daß es noch 50 km bis Paris waren. Auf dem Truppenübungsplatz Chalon saß die französische Armee vor Paris. Auf ihr vertrautem Gelände mit riesigen Wäldern hatten sie ihre Verteidigungsstellung bezogen. Ihre Linien konnten von uns nicht eingesehen werden, die Franzosen hatten uns in die Falle gelockt. Wir mußten starke Verluste hinnehmen.
Zwei Tage lagen wir in dieser sehr bösen Lage. Für uns gab es nur die eine Möglichkeit, wir mussten hier raus. Für den 3. Tag gab es den Befehl: Generalangriff!
Infanterie erste Linie mit aufgepflanztem Seitengewehr. 2. Linie MG auf Fahrzeugen. Alle Geräusche beim Angriff mußten vermieden werden. Die Vorbereitung zum Angriff lief die ganze Nacht, beim ersten Morgenstrahl erfolgte dann unser Angriff. Er kam vollkommen überraschend für die Franzosen, die gerade beim Morgenfrühstück und der Reinigung waren, zum größten Teil in Hemd und Hose. Auf das „Hurra“ unserer Infanterie erfolgte kein gezielter Widerstand. Alles lief herum, lief um das nackte Leben und aus Angst vor der Gefangenschaft.
Der wilde Lauf durch die Waldungen war vorbei. Vor uns auf freier Fläche laufende Menschen, Fahrzeuge und Geschütze. Nun gingen unsere MG in Stellung, ihr Feuer beschleunigte noch das Tempo und das Durcheinander. Die Sonne brachte einen herrlichen Septembertag; unsere Armee sammelte sich am Berghang. Menschen, Tiere und Fahrzeuge friedlich beisammen – alles der Ruhe hingegeben.
Es bleibt die Frage, warum der Gegner bei seiner Flucht nicht verfolgt wurde, wo blieb der Generalstab?
Gegen Mittag kam Leben in den Haufen, einzelne Kolonnen marschierten ab. Wie wir sehen konnten, aber nicht in die Richtung, in der die Franzosen verschwunden waren, sondern in die, aus der wir gekommen waren. Nachrichten und Parolen – wir würden von anderen Truppen abgelöst. Unser Regiment verließ den Platz als letztes. Kurz vor unserem Abmarsch traf ein Vortrupp der Sächsischen Armee bei uns ein. Soldaten vom 13. Jägerbatallion aus der Einheit, die ab Herbst 1914 Löbau als neuen Standort beziehen sollte. Ich saß mit sächsischen Landsleuten vor den Toren von Paris zusammen. Die erste Nacht, den folgenden Tag und die zweite Nacht wurde marschiert. Bei Ruhepausen war alles am Schlafen. Bei Tagesanabruch am zweiten Tag er reichten wir einen Höhenzug, hier wurde Hakt gemacht und in Stellung gegangen. Front nach dort, wo wir herkamen und der Befehl zum Eingraben. Jetzt war es klar – es war Rückzug. Was war geschehen?
Das Eingraben machte Mühe. Der Höhenzug bestand aus Kalkfelsen und nur mit der Spitzhacke konnte gearbeitet werden. Große Ruhe in der ganzen Gegend, Regen setzte ein, vom Feind keine Spur. Nach 4 Tagen die ersten französischen Vorposten, aber zu einem Angriff ist es nicht gekommen. Der Regen nahm kein Ende, alles klebte am Körper, die Versorgung mit dem Essen klappte nicht, es war eine miese Stimmung. Ein Lichtblick: neue Truppen kamen, und wir wurden abgelöst. An schnell errichteten Feuern trockneten wir uns erst einmal und dann gab es Verpflegung. Aber es blieb wenig Zeit dazu, die Garde marschierte wieder zur Eisenbahn und vom Zug in den Kampf – der Wettlauf zur Küste begann.
Aber der Kampfgeist vom August 1914 war nicht mehr vorhanden. Offiziere und MG-Besatzungen waren gefallen oder verwundet, es mangelte an Führern. So begann vor Arras der Schützengrabenkrieg. Unser Blutzoll, den die Truppe zahlte für die Versäumnisse der deutschen Heeresführung, denn warum war dieses bei der alten Angriffsform geblieben? Der Offizier vier Schritt vor der Linie, das MG in der Schützenkette von zwei Mann getragen, die Offiziere ab der auffälligen Uniform leicht zu erkennen. Auf diese Ziele war der Gegner eingestellt. Alles Feuer war auf diese zwei Punkte gerichtet. Was nutze es, als im Herbst 1914 der Befehl kam: Offiziere dürfen sich an der Uniform nicht von den anderen unterscheiden, und die MG müssen in demontiertem Zustand je ein Teil ein Mann getragen werden. Diese letzte Anordnung hatte die Truppe schon aus den genannten Erfahrungen selbst durchgeführt, der Befehl kam, als es für das Leben sehr vieler Offiziere und Spezialisten zu spät war.
Auch für den Schützengrabenkrieg war der deutsche Infanterist nicht ausgebildet, für ihn gab es nur den „Angriff“. Der Schützengrabenkrieg, die Verteidigungsstellung, dafür gab es nur die Erfahrungen der Soldaten ohne Hilfe höherer Dienststellen. Die Franzosen setzten schon am Anfang des Schützengrabenkrieges „Scharfschützen“ mit Zielfernrohr ein, die bei uns erst Weihnachten 1914 kamen. Die ersten Büchsen Modell 98 mit Zielfernrohr von deutschen Jägern, der Buschkrieg nahm seinen Anfang. Die Zielfernrohrwaffen gehörten zu meinen Dienstaufgaben.
Chronik weitere Gefechte:
06.09.1914 Pont Morine
14.-27.09.1914 Reims
03.-05.10.1914 Arras
06.10.14-25.03.15 bei Serre
1914 Weihnachten im Schützengraben. Am ersten Feiertag gab es ein besonderes Ereignis: Im Abschnitt des I. Bataillons gab es Verständigungsbemühungen mit den Franzosen, am Nachmittag die ersten Zusammenkünfte zwischen den Gräben, Zigaretten und Rotwein wurden ausgetauscht. Für den zweiten Feiertag war eine weitere Begegnung vereinbart, die aber nicht stattfand. Die Franzosen waren abgelöst, der Krieg ging weiter.